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Kolumne

14.11.2024

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Von Hans Neubert & Martin Wenk

Der Hippo-Hype: Was wir von tierischen Internet-Ikonen lernen

In der monatlichen Kolumne „Trend Slay“ schnappen sich Digital Media Experte Hans Neubert und Research & Analytics Experte Martin Wenk die aktuellen Trends im Digital Marketing, schütteln sie kräftig durch und servieren sie mit einer Extraportion Anwendungs-Insights für Marketeers. Hier werfen wir einen Blick auf die neuesten digitalen Strömungen, die die Welt um uns herum prägen, und fragen uns: „Sind wir in der Hype-Suppe etwa alle nur Croutons, oder gibt es da draußen noch mehr zu schlucken?“

Dieses Mal schauen wir uns an, wie ein kleiner, nasser Social-Media-Star die Herzen von Millionen User:innen im Sturm erobert hat: das Baby-Zwergflusspferd Moo Deng. Doch was steckt hinter diesem außergewöhnlichen „Hippo-Hype“, der den Khao Kheow Open Zoo in Thailand seit Monaten zum Internet-HotSpot macht? Können Marken daraus etwas lernen – und wie können Marketeers dieses Phänomen für ihre Strategien nutzen?

Warum bringen uns tierische Stars wie Moo Deng – und früher Eisbär Knut – regelmäßig zum Schmelzen? Vom Eisbär-Hype der 2000er bis zum Social-Media-Sturm um die babyhafte Niedlichkeit des Moo Deng zeigt sich: Manche Phänomene ziehen uns immer wieder in ihren Bann - besonder Baby Animals.

Knut und Moo Deng: Tiere als generationenübergreifende Ikonen

Als der kleine Eisbär 2006 im Berliner Zoo geboren wurde, löste der flauschige Eisbär eine regelrechte Medienwelle aus: Auf einmal war alles Knut! Zeitungen berichteten weltweit, Fernsehsender wie CBS News brachten Berichte über ihn, und für viele Kinder und Erwachsene wurde Knut zum Symbol von Niedlichkeit und Artenschutz. Den Merch für den dazugehörigen Eisbären gab’s von Steiff als KNUT-KOLLEKTION mit 50.000 Plüschtieren, die Berliner Volksbank gab 35.000 Knut Cards raus und der Song “Knut ist gut” war 3 Wochen lang. 

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Ähnlich verläuft heute die Geschichte um Moo Deng, ein Zwergflusspferdbaby aus dem Khao Kheow Open Zoo in Thailand. Ein Klick genügt und die charmanten Videos, Memes und Fotos verbreiten sich viral auf Plattformen wie TikTok und Instagram. Und die eigene Kollektion ist auch schon geplant mit Kleidung, Stickern und Trinkflaschen. Etsy, Amazon und Redbubble ziehen nach und Moo Deng gibt es nun auf circa jeden Artikel gedruckt. Was früher mit Fernsehen und Printmedien begann, wird nun durch das Internet und Social Media zum weltweiten Phänomen.

Die Reaktionen? Sie reichen von Begeisterung über Memes bis hin zu Make-up-Tutorials, die Moo Dengs „dewy skin“ und „rosy cheeks“ imitieren. Beauty-Influencer*innen wie Mei Pang haben den Look des kleinen Flusspferds perfektioniert. 

Von der Eisbär-Glamourwelt zur Baby-Hippo-Beauty

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Woran liegt es, dass Tiere unsere Herzen und Timelines erobern? Die Antwort ist einfach: Tierische Stars liefern perfekt verpackte Emotionen, die jeder schnell und intuitiv versteht. Während Knut zum Symbol für Artenschutz und Kindlichkeit wurde, ist Moo Deng der Inbegriff für unbeschwerte Schnuckeligkeit und „Moisturized“-Glamour, der heute sogar in Beauty-Trends mündet.Die Creatorin @meicrosoft kreiert einen “Make up Look inspired by the legend herself”. Wer ist das neue IT GIRL dieser Generation: @jooshica sagt ganz klar MOO DENG! Die Beautyfluencer zeigen uns, wie wir Glossy Skin und den Glow bekommen: “it’s giving Moo Deng”. Die natürliche Ausstrahlung und das Potenzial zur Identifikation schaffen eine Verbindung, die Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube erfolgreich für sich nutzen.

Diese generationenübergreifenden Hypes zeigen: Menschen suchen online nicht nur nach Informationen, sondern nach Momenten, die uns in eine idealisierte, emotionale Welt entführen. Sei es für eine kurze Ablenkung oder als Mittel zur Identifikation – Moo Deng und Knut beweisen, dass Internet-Ikonen den Zeitgeist spiegeln und nachhaltig in Erinnerung bleiben.

#HippoGoals: Warum Moo Deng zur Beauty-Ikone wurde

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Ja, richtig gelesen – Moo Deng hat nicht nur Fans, sondern auch Nachahmer im Beauty-Sektor. Sogar Kosmetikriesen wie Sephora Thailand haben Produkte und Blushtöne ins Rampenlicht gerückt, die Moo Dengs natürlichem Look nachempfunden sind. Das mag absurd klingen, aber diese Trendwelle zeigt eindrucksvoll, wie leicht sich Zielgruppen auf unkonventionelle Idole einlassen, die jenseits klassischer Schönheitsideale liegen. Moo Deng trifft offensichtlich den Zeitgeist und gibt uns eine klare Botschaft mit auf den Weg: Ecken und Kanten, oder in ihrem Fall, runde und leicht feuchte Konturen, sind nicht nur erlaubt, sondern gefragt.

Von „Cute“ zu „Crucial“: Der Hype und seine Herausforderungen

Mit Ruhm kommen allerdings auch Schattenseiten. So wie die kroatische Stadt Dubrovnik mit den Massen an Game of Thrones Fans klar kommen muss, so sah sich auch der Zoo gezwungen, die Besuchszeiten für Moo Deng drastisch einzuschränken, da der enorme Andrang nicht nur ihre Sicherheit gefährdete, sondern auch negative Verhaltensweisen bei Besuchern förderte. Es geht eben nicht nur um süße Bilder: Für die Verantwortlichen stellt sich die Frage, wie sie Moo Dengs Popularität nachhaltig managen können, ohne dass das Wohl der Tiere darunter leidet. Denn Menschen neigen zu “Cute Aggression” und können taktloser und gewaltsamer werden, je süßer sie etwas finden. Diese Herausforderung erinnert uns daran, dass Hypes eine nachhaltige Strategie benötigen, besonders wenn es um ethische Fragen und soziale Verantwortung geht.

Going Viral Like a Hippo: Emotionalität schafft virale Verbindungen

Die Geschichten von Knut und Moo Deng zeigen, dass Emotionen der Schlüssel zu viralem Content sind. Authentische und herzerwärmende sowie identifizierbare Inhalte machen es leicht, sich emotional zu engagieren, was die Reichweite von Posts maximiert. Symbolbilder können schnell glorifziert werden, besonders wenn sie für eine Masse süß und ansprechend sind.

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Identifikation erzeugt Interaktion

Sowohl Knut als auch Moo Deng bieten mehr als nur niedliche Bilder – sie schaffen Identifikationspunkte. Marken können diesen Mechanismus nutzen, indem sie Content schaffen, mit dem sich ihre Zielgruppen identifizieren können und in ihrem Alltag auch wirklich stattfindet. Shareability ist hier das Stichwort. 

Visuelle Einfachheit überzeugt

Tiere wie Knut und Moo Deng und ihre Gesichtsausdrücke sind einfach visuell verständlich, ohne dass lange Erklärungen nötig sind. Für Social Media bedeutet dies, dass einfacher und klarer Content oft erfolgreicher ist – er wird schnell verstanden und geteilt. Marken können durch minimalistisch gehaltene Inhalte Aufmerksamkeit erzeugen, die schnell emotional ankommt. Durch Memes und Texte wie zB auf der X Moo Deng Fan Page können diese einfach verstandenen Bilder für Marken in passende Kontexte adaptiert werden.

Gegenbewegung zur digitalen Hektik schaffen

Ein weiterer Grund ist die „Entschleunigung“, die sie dem hektischen digitalen Alltag bieten. Diese „Feel-Good-Inhalte“ schaffen eine kleine Auszeit und wirken entspannend. Social Media-Strategien können von diesem Bedürfnis profitieren, indem sie beruhigende, stressfreie Inhalte posten und ihren Follower:innen so einen Moment der Entspannung und Achtsamkeit bieten.

Die Macht der Sympathieträger nutzen

Knut und Moo Deng sind Sympathieträger, die Menschen emotional berühren. Menschen folgen Marken, die Sympathiefiguren aufbauen können, sei es durch Tiere oder andere authentische Charaktere. Unternehmen sollten überlegen, ob sie eine eigene Sympathiefigur etablieren können, um die emotionale Verbindung zu ihrer Marke zu stärken.

Die Nostalgie-Karte spielen

Tierische Ikonen wie Knut und jetzt Moo Deng rufen bei vielen auch nostalgische Erinnerungen hervor, und Marken können dies gezielt nutzen. Wer Content schafft, der positive, nostalgische Gefühle weckt, kann leicht eine emotionale Brücke bauen und gleichzeitig die Loyalität stärken. Ein kleiner Blick zurück mit einem neuen Twist – das zieht auch sehr gut generationsübergreifend.

Moo Deng ist nicht nur ein viraler Star, sondern ein Paradebeispiel dafür, wie Social Media funktionieren kann, um Viralität zu erzeugen. Es zeigt uns, welche Potentiale in authentischen, generationenübergreifenden Geschichten stecken.