MITB_letter.png

Lange Frage

11.4.2024

|
Von Johannes Ehrenwerth

Lange Frage: Money in the Bank

Seit Jahren haben wir immer wieder Formate wie die Freitagabend-Storys und die Kurze Frage dafür benutzt, euch zu Themen wie Gehalt, Zufriedenheit im Job und Arbeitsumständen auszufragen. Das hat immer wieder zu so viel überwältigendem Feedback und Interesse der Community geführt, dass wir das Ganze auf ein neues Level heben wollen. Also haben wir uns mit den lieben Menschen von Appinio zusammengesetzt und eine Studie zu dem gemacht, was uns alle morgens an den Rechner und ins Zoom-Meeting treibt: Geld!

Wir wollen damit einmal ganz tief in die Materie einsteigen und am Geld vorbei auch auf das schauen, was Menschen im Job wirklich glücklich macht. Ist es das Arbeitsumfeld? Sind es die Projekte und Perspektiven? Oder sind wir alle am Ende eben doch nur am harten Ca$h interessiert? Zahlen lügen nicht und wir haben eine Menge davon eingesammelt und hier für euch aufbereitet (Alle Fragen und Ergebnisse könnt ihr übrigens auch jederzeit als interaktive Grafiken im Dashboard von Appinio einsehen ❤️).

Zuerst einmal zu den Rahmenbedingungen der Untersuchung:

Die Umfrage wurde von Appinio durchgeführt und beinhaltet eine Stichprobe von 1.000 Teilnehmenden (500 Frauen, 500 Männer) im Alter von 18 bis 65 Jahren. Die spezifische Zielgruppe besteht aus Arbeitnehmenden, die eine sitzende Bürotätigkeit ausüben.

Bei einer so großen Anzahl an Befragten ist es natürlich sehr wahrscheinlich, dass die Mehrheit im mittleren Level auf der Jobleiter angesiedelt ist und genauso ist es auch. Allerdings keine Überraschung: Männer arbeiten immer noch häufiger in höheren Positionen wie “Senior Manager” (13 vs. 8 Prozent) und “Teamlead” (24 Prozent vs. 15 Prozent) als Frauen. Die Umfrageteilnehmenden im Altersbereich von 35 bis 65 Jahren sind vermehrt in Unternehmen beschäftigt, die seit mindestens 15 Jahren bestehen. Im Gegensatz dazu sind jüngere Befragte im Alter von 18 bis 34 Jahren eher in Unternehmen angestellt, die eine Betriebsdauer von bis zu 15 Jahren aufweisen.

Spannend wird es direkt bei der Gegenüberstellung von vertraglich vereinbarter Arbeitszeit und der tatsächlich geleisteten: 79 Prozent der Teilnehmenden geben an, dass bei ihnen 21-40 Stunden in der Woche im Vertrag stehen. Bei der tatsächlichen Arbeitszeit schrumpft die Zahl dann aber auf nur noch rund 64 Prozent. Insgesamt 32 Prozent geben dafür an, tatsächlich 41-50 Stunden oder sogar darüber hinaus zu arbeiten, obwohl das bei gerade einmal 17 Prozent auch vertraglich vereinbart ist. Wir sehen also, dass Überstunden für viele immer noch Standard sind. Die Frage ist jetzt aber: Spiegelt sich das in der Zufriedenheit mit dem Job insgesamt und mit der Bezahlung im Speziellen wider?

Kurze Antwort: Ja. 72 Prozent der Befragten verdienen im Bereich von unter 2.000 bis 5.000 Euro brutto im Monat und das laut Umfrage für größtenteils 21-40 Stunden Arbeit in der Woche, Überstunden nicht ausgeschlossen. So ist es dann auch kein Wunder, dass immerhin knapp 30 Prozent angeben, dass sie mit ihrem Gehalt im Verhältnis zum Job oder Arbeitsaufwand in ihrer Tätigkeit nicht zufrieden sind. Weibliche Befragte sind im Vergleich zu männlichen Befragten tendenziell weniger zufrieden mit ihrer Entlohnung im Unternehmen: 37 Prozent der Frauen finden das Gehalt für den Job (eher) nicht gerechtfertigt im Vergleich zu 22 Prozent der Männer.

Aber welche Faktoren gibt es noch, die die Zufriedenheit mit dem eigenen Gehalt erhöhen? Ein viel diskutierter Punkt ist die Gehaltstransparenz – und natürlich haben wir da ganz besonders gebohrt, um die Stimmung in der Bürowelt einzufangen. Und tatsächlich scheint die Transparenz in den Unternehmen der Befragten ein großes Thema zu sein. 

8 von 10 Personen (79 Prozent) sagen, dass sie über die Gehälter ihrer Kolleg*innen auf der Arbeit teilweise oder komplett Bescheid wissen. Ein Großteil (69 Prozent) findet die Gehälter in ihrer Firma auch fair. Dennoch fühlen sich auch einige benachteiligt: Jeder Vierte, der die Gehälter gut kennt, empfindet die Gehälter als (eher) nicht fair – sowie 35 Prozent derjenigen, die die Gehälter teilweise können. Grundsätzlich gilt aber: Wer nicht im Dunklen bleibt und die Gehälter gut kennt, empfindet sie oftmals als fairer als die, die sie teilweise oder gar nicht kennen (41 Prozent vs. 15 Prozent und 13 Prozent.)

Und diese negative Selbstwahrnehmung wird auch in der nächsten Frage deutlich. Hier wurden diejenigen, die angaben, nicht über die Gehälter ihrer Kolleg*innen Bescheid zu wissen gefragt, wo sie sich selbst einordnen würden, wenn ab morgen auch bei ihnen volle Transparenz herrschen würde: 61 Prozent sehen sich selbst im Mittelfeld, aber 21 Prozent vermuten, dass sie weniger verdienen als andere auf vergleichbaren Positionen. Etwa ein Zehntel sagen, dass sie wahrscheinlich mehr verdienen als ihre Kolleg*innen mit ähnlichen Arbeitsverträgen.

Die Mehrheit aller Befragten (immerhin 83 Prozent) ist sich aber einig, dass Gehälter grundsätzlich transparenter sein sollten. Von dieser Mehrheit gaben die meisten als Grund an, dass offen kommunizierte Entlohnung nötig sei, weil so auch Menschen, die nicht gut verhandeln können, fair bezahlt würden. Gleich an zweiter Stelle kommt aber, dass Transparenz grundsätzlich für mehr Zufriedenheit im Unternehmen sorgen würde. 

Komplett andersrum sieht es dagegen bei denen aus, die Transparenz nicht befürworten: Zwei Drittel von dieser – sehr viel kleineren – Gruppe sagen, dass öffentliche Gehaltsstrukturen eben nicht zufrieden machen, sondern im Gegenteil zu Neid und Unzufriedenheit führen können (Chef, bist du das? 😉). Spricht aber nicht gerade die Angst vor Neid unter den Kolleg*innen dafür, dass man ähnliche Stellen pauschal ähnlich entlohnen sollte?

Transparenz beim Geld wird von den meisten befürwortet, und zwar, weil sie sich davon ein Arbeitsumfeld mit mehr (Geschlechter-) Fairness und Zufriedenheit versprechen. 

Zufriedenheit auf der Arbeit ist sehr subjektiv und hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Was wir aber mit unserer Befragung – wie erwartet – bestätigen konnten, ist, dass Menschen in Bürojobs sehr sensibel für ihr eigenes und die Gehälter in ihrem Umfeld sind. So sensibel, dass mit Abstand die meisten (70 Prozent) in der Befragung sagten, dass “mehr Geld” ihre Hauptmotivation für einen Jobwechsel sei – weit vor flexiblen Arbeitszeiten, einem besseren Arbeitsklima oder attraktiveren Benefits. 

Interessant ist aber, dass gleichzeitig mehr als zwei Drittel der Befragten sagte, dass sie ein besser bezahltes Angebot einer anderen Firma ablehnen würden, auch wenn in ihrem momentanen Job eine Gehaltserhöhung abgelehnt würde. Vorausgesetzt, die eigene Firma legt die Gründe offen und kommuniziert transparent. 

Am Ende lässt sich aus den Ergebnissen unserer Studie ganz klar herauslesen: Wir arbeiten, um Geld zu verdienen. Aber nicht nur. Die Arbeit ist auch Teil unserer sozialen Identität, in der die meisten um Harmonie, Fairness und Wertschätzung bemüht sind. Und in der Reihenfolge muss das Gehalt nicht zwingend an Stelle numero uno stehen. ✌️