absatzwirtschaft
21.11.2023
|„Wir predigen Marken immer: Seid bereit für TikTok“
Nikon Europe ist einer der Preisträger der TikTok AdAwards 2023. Was macht eine gute Kampagne auf TikTok aus? Wir haben mit den Köpfen hinter der Kampagne Paulina Schumann, Pascal Fiedler und Jan Nicolas König gesprochen.
Interview: Andreas Marx
Nikon Europe hat bei den diesjährigen TikTok Ad Awards den Preis für die Kategorie „Greatest TikTok DACH“ gewonnen. Die Begründung: Nikon hat es geschafft, mithilfe der Kreativität von Creators die Markenbekanntheit und Kaufabsicht bei der Gen Z zu steigern. Dazu habe es vor allem eins gehört: Mut. Das sagen Jan Nicolas König (Odaline) sowie Paulina Schumann und Pascal Fiedler (Charles & Charlotte), die für die Kampagne verantwortlich zeichneten.
Die absatzwirtschaft hat mit den Verantwortlichen über Mut, wichtige KPIs auf TikTok und Verständnis für die Plattform gesprochen.
Frau Schumann, Herr Fiedler, Herr König, was macht eine gute Marketingkampagne auf TikTok aus?
Fiedler: Man darf nicht mehr davon ausgehen, dass alles von A bis Z durchkontrolliert werden kann. Man muss als Unternehmen Kontrollverlust einbeziehen. Der Nikon-Case, mit dem wir gewonnen haben, hat auf diese Weise funktioniert. Es gab nur ein kleines Briefing, nämlich eine Mystery-Box, die wir den Creator*innen zugeschickt haben mit der Ansage: Mach mal. Die Mission von Nikon ist: „Enable Creators to tell their story“. Als Marke weißt du nicht, was bei diesem Briefing herumkommt, aber es gehört Vertrauen dazu, um auf TikTok erfolgreich zu ein.
Schumann: Dazu gehört auch, dass man keine Angst vor einem Shitstorm haben soll. Marken fürchten sich so sehr vor Reaktionen. Die Größe des Unternehmens spielt dabei keine Rolle, das tun auch kleinere. Die Frage ist: Wie sehr vertraust du den Creator*innen und wie sehr hast du Bock, Teil davon zu sein. Viele sind da in der alten Welt stecken geblieben. Aber man muss die Sprache der Plattform sprechen und mit der Marke spielen.
Ist Angst das größte Problem bei der Zusammenarbeit mit Marken auf TikTok?
König: Ja. Bei unserer Zusammenarbeit mit Jack Wolfskin, Ford und weiteren arbeiten wir eng mit Creator zusammen. Das ist ein Prozess, den viele Brands nicht gewohnt sind. Auch musst du in Frequenz, Langfristigkeit und Output investieren. Die Budgets werden nicht größer, aber Brands, die es verstehen und darauf setzen, hauen in der Woche sechs oder sieben Assets raus. Das schaffst du nur, wenn du deine Prozesse neu erfindest und dafür brauchst du entweder externe oder interne Content Creator*innen.
Wie setzt man die richtigen KPIs auf TikTok fest?
König: Wir predigen unseren Marken immer: Seid bereit für diese neue Welt. Der Content Graph auf TikTok reguliert so, dass nur guter Content auch Reichweite bringt – unabhängig davon, wie groß der Name der Creator ist. Content, der den Daumen stoppt ist das Unterscheidungsmerkmal auf TikTok. Nur wenn Marken es schaffen, guten Content zu erstellen, werden sie in der Zukunft bestehen. Content ist der Differentiator für Markenarbeit auf TikTok.
Fiedler:Ganz viele Marken sehen TikTok als Marketing-Tool. Es ist aber eine Community-Plattform. Es ist wichtig zu verstehen, dass Unternehmen Dialoge erzeugen und so in der Community etwas passiert. Zum Punkt KPIs: Wir schauen uns die Hook-Rate an (die Hook-Rate oder Thumb-Stop rate-Rate wird berechnet, indem die zwei-Sekunden-Videoansicht durch die Impressionen geteilt wird, Anm. d. Red.), 50 Prozent sind schon gut. Die zweite KPI ist die Hold-Rate, also die ersten sechs Sekunden geteilt durch Impressions. Wenn es zwischen beiden KPIs eine Kluft gibt, beginnt das Fragen nach dem Warum.
Verstehen Marken, dass es hier um Sekunden geht?
Fiedler: Marken müssen das verstehen, das ist unsere Aufgabe. Zwar werden TikTok-Videos immer länger, aber ihre Durchschnittszeit beträgt immer noch 10 bis 15 Sekunden. Hinzu kommt: Hook- und Hold-Rate sind gut, aber wir müssen weg von Views und Likes.
Schumann: Warum machen Marken TikTok? Nikon hatte den Anschluss an die Gen Z verpasst, sowohl bei der Awareness als auch Consideration. Wir haben uns gefragt: Wie können wir diese Kluft schließen? Auf TikTok chillt die Gen Z. Neben den On-Plattform-Benchmarks wie Hook-Rate und Views lassen wir daher auch eine Mafo laufen.
Fiedler: Nur so können wir dem C-Level zeigen, dass die Kampagnen in den Köpfen der Menschen bleiben. Wir haben vor der Kampagne festgestellt: Die Leute kannten zwar Nikon, aber die Kaufbereitschaft war sehr gering. Nach der Kampagne sind die KPIs Awareness, Kaufbereitschaft und Consideration innerhalb von sechs Monaten stark gestiegen.
König: In unserer Mafo konnten wir filtern, welche Menschen Fotografie-Interesse haben, also die Multiplikatoren, die wir erreichen wollten. Dort waren die KPIs wesentlich höher, weil der Content-Graph unseren Content noch stärker an diese Menschen ausspielt.
Wie können sich Kampagnen auf TikTok außerdem noch auswirken ?
Schumann: Kampagnen zahlen sich auch beim Thema Recruiting aus. Von einer anderen Brand hatte uns einmal eine Mail von ihrer HR-Abteilung erreicht, die uns mitteilte, dass sie durch eine TikTok-Kampagne zehn Prozent mehr Bewerbungen von jüngeren Menschen bekommen hätten.
Fiedler: Das ist ein spannender Punkt: TikTok ist ein Cultural Taste Maker. Wenn du nicht auf TikTok stattfindest, bist du nicht der Platzhirsch deiner Branche. Wenn Marken das nicht checken, verlieren sie den Anschluss nicht nur bei den Konsument*innen.